The Black Rider

Rezension vom 12.09.25
in Hamburg
The Black Rider
The Casting of the Magic Bullets
Mit der Neuinszenierung von „The Black Rider - The Casting of the Magic Bullets“ bringt das Altonaer Theater im Spätsommer 2025 ein längst Kult gewordenes Musiktheaterstück zurück nach Hamburg. Regisseur Georg Münzel, ein langjähriger Bewunderer des Originals, wagt dabei den Spagat zwischen Respekt vor der legendären Uraufführung von 1990 und einem ganz neuen, lebendigen, poppigen Stil. Anstatt den düsteren Wald aus der Freischütz-Sage zu beschwören, verlegt die Produktion die Handlung auf einen schrillen Jahrmarkt mit bunt glitzernden Luftballons und mit zahllosen Teddybären übersäten Kulissen.
Inhalt und Inszenierung
Die Geschichte bleibt im Kern klassisch: Wilhelm, ein junger Mann, will seine große Liebe Käthchen gewinnen, doch das Schießen liegt ihm nicht. Nur als Meisterschütze darf er Käthchen heiraten, weshalb er einen teuflischen Pakt mit dem mysteriösen „Peg Leg“ (dem Schwarzen Reiter) eingeht, der ihm magische Kugeln schenkt. Die Inszenierung erzählt die Tragödie mit Humor, Lebendigkeit und einer gehörigen Portion Jahrmarkt-Atmosphäre. Das Bühnenbild von Sabine Kohlstedt und Yvonne Marcour schafft eine farbenfrohe, fast kindlich-verspielte Welt, die kontrastreich zur ernsten Handlung steht.
Ensemble und Darsteller
Das Ensemble überzeugt mit seiner Vielseitigkeit, die Schauspiel und Live-Musik nahtlos verbindet.
Rollen und Darsteller:
Jascha Schütz als der „Schwarze Reiter“ (Peg Leg): Mit weiß geschminktem Gesicht und schelmischem Joker-Lächeln bringt er eine rätselhafte, vielgestaltige Figur auf die Bühne, die von einem sprechenden Stotterer bis zu einem nervösen, kokainabhängigen Charakter wechselt. Sein Auftritt ist diabolisch und witzig zugleich.
Noëlle Ruoss in der Rolle des Wilhelm: Sehr ausdrucksstarke und authentische Darstellung der inneren Zerrissenheit und Verletzlichkeit des Wilhelm. Dazu die klare Stimme und die Einbindung vom Spiel auf der Querflöte sorgen für eine besondere Atmosphäre und trägt entscheidend zur Intensität der Inszenierung bei.
Farina Adisa Kaiser als Käthchen, beeindruckte als Käthchen mit stimmlicher Brillanz und viel Spielfreude. Ihre lebendige Bühnenpräsenz gaben Käthchen eine selbstbewusste und warmherzige Ausstrahlung. Dadurch verlieh sein dem Stück eine emotionale Tiefe, die das Publikum spürbar mitriss.
Emil Schuler, musikalischer Leiter und Darsteller, arrangiert und spielt eine zentrale Rolle in der musikalischen Umsetzung.
Weitere Ensemble-Mitglieder sind Niklas Bähnk, Anna-Luisa Neumann, Regina Stötzel, Jacques Ullrich und Dominik Velz. Gemeinsam verkörpern sie sowohl die Geschichte als auch die Band und tragen so maßgeblich zur atmosphärischen Dichte bei.
Musik und Umsetzung
Die Kompositionen von Tom Waits sind das Herzstück der Produktion. Die Musik wird live vom Ensemble gespielt, was das Stück zu einem missionarischen Happening macht, bei dem Musik und Schauspiel untrennbar verbunden sind. Die Instrumentierung umfasst u.a. Marimbaphon, Saxophon, Gitarre, Keyboard, Querflöte und Percussion, was der Inszenierung einen leicht schrägen, manchmal ungewohnten Sound verleiht, der aber stets fasziniert.
Kritikpunkte
Ein Manko war die Tonbalance insbesondere zu Beginn und im Finale der Vorstellung: Die Musik überwältigte in den Momenten den Gesang nahezu komplett. Dies führte dazu, dass die Verständlichkeit der Texte sehr erschwert wurde.
Fazit
Das Altonaer Theater präsentiert mit „The Black Rider“ eine mutige, farbenfrohe und künstlerisch lebendige Neufassung eines Hamburger Kultstücks. Das Bühnenbild, die Kostüme und die musikalische Umsetzung sind kreative und stimmige Elemente, die den Zuschauer in eine surreale Jahrmarktwelt eintauchen lassen. Das vielseitige Ensemble überzeugt mit großer Spielfreude und musikalischem Talent.
Trotz der verständlichen Herausforderung bei der Tonbalance und der teilweise schwer nachvollziehbaren Dramaturgie schafft die Inszenierung es, den Geist des Originals neu auszulegen und einem neuen Publikum zugänglich zu machen. Vor allem, aber nicht nur, für Liebhaber:innen experimenteller, atmosphärisch dichter Musiktheaterformen ist „The Black Rider“ am Altonaer Theater eine Reise wert und ein Höhepunkt der Theatersaison!
