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Kein Pardon

Ein glanzvoller Abend im
First Stage Theater

Das Musical „Kein Pardon“ im First Stage Theater Hamburg ist eine erfrischend pointierte, professionell umgesetzte und musikalisch überzeugende Produktion, die das satirische Erbe von Hape Kerkelings Kultfilm mit neuem Leben erfüllt. Schon der Eröffnungssong „Bottrop Beach“, vorgetragen mit voller Stimmgewalt und Bühnenenergie, zeigt, wohin die Reise geht: schrill, humorvoll, temporeich – und trotzdem stimmig. Die Bühne ist dabei stilistisch wie technisch aufwendig gestaltet. Das Bühnenbild mit dem 80er Jahre Fernseher-Rahmen, in dem 26 alte Röhren-TVs eingebettet sind, ist visuell nicht nur ein Gag, sondern ein cleveres, durchdachtes Gestaltungselement, das immer wieder dramaturgisch eingebunden wird.

Die darstellerische Leistung der gesamten Cast bewegt sich durchgehend auf hohem, professionellen Niveau. Im Zentrum der Inszenierung steht Philip Rakoczy, der mit seiner Darstellung des schüchternen Wurstverkäufers Peter Schlönzke eine vielschichtige und berührende Bühnenfigur erschafft. PhilipRakoczy gelingt es, Peters naive Träume von der großen Fernsehwelt mit einer entwaffnenden Natürlichkeit zu zeigen, ohne ins Alberne oder Übertriebene abzurutschen.

Gesanglich überzeugt Philip Rakoczy (Peter Schlönzke) auf ganzer Linie. Sowohl in den humorvollen Stücken als auch in den emotionaleren Momenten beweist er Ausdrucksstärke und Präzision. 

Auch schauspielerisch zeigt er eine enorme Bandbreite: Vom naiven Jungspund in Bottrop bis zum desillusionierten, aber gereiften Peter, der am Ende seine Würde behauptet, bleibt er durchgängig glaubwürdig. Seine Entwicklung vollzieht sich spürbar. Besonders in jenen Momenten, in denen Peter realisiert, wie entmenschlichend und absurd die TV-Maschinerie ist, schafft Rakoczy berührende Tiefe und fängt das Publikum damit emotional ein.

Die "Allzweckwaffe" Nik Breidenbach liefert eine facettenreiche Doppelrolle als Showmaster Heinz Wäscher und später als Uschi Blum, die sowohl gesanglich als auch schauspielerisch beeindruckt. Sein Wechsel zwischen cholerischer Autorität und grotesker Parodie ist eine darstellerische Meisterleistung, die den Abend wesentlich prägt.

 Auch Munja Meier als Peters Mutter Hilde ist ein echtes Highlight dieser Produktion. Mit trockenem Ruhrpott-Charme, perfektem Timing und enormer Bühnenpräsenz verleiht sie der Figur Hilde Schlönzke eine Mischung aus schnodderiger Direktheit und fürsorglicher Wärme. Ihre Szenen sind emotional, ausdrucksstark und von künstlischer Qualität geprägt.

Als Peters „Kumpel Nummer Eins“ präsentiert sich Tontechnikerin Ulla (Ilka Kottkamp) powervoll und mitreißend, vor allem im Duett „Klingelsturm“ mit Philip Rakoczy. Eine Performance, die unweigerlich in Erinnerung bleibt und vom Publikum gefeiert wird.

Musikalisch ist die Show abwechslungsreich, kraftvoll und gut arrangiert. Die Songs von Achim Hagemann fügen sich nahtlos in den szenischen Verlauf ein, wechseln gekonnt zwischen schriller Ironie und leisen Zwischentönen. Von schunkelbaren Nummern wie „Das ganze Leben ist ein Quiz“ bis hin zu gefühlvollen Balladen gelingt es dem Ensemble, jede Stilrichtung überzeugend zu bedienen. Die Live-Band sorgt für einen dynamischen Klang, der die Gesangsleistung optimal trägt, ohne sie zu überdecken – ein technisches und musikalisches Gleichgewicht, das in dieser Qualität keineswegs selbstverständlich ist.

Ebenso hervorzuheben sind die Choreografien von Sven Niemeyer: Die Bewegungen sind kreativ und erzählerisch eingebettet – kein Tanz ist bloße Show, sondern immer Ausdruck von Charakter oder Gruppendynamik. Die Ensemble-Nummern sind visuell abwechslungsreich und meisterhaft ausgeführt. Das Ensemble agiert mit sichtbar großer Spielfreude. Man merkt, dass hier nicht nur technisch gearbeitet, sondern auch mit Herz getanzt wird.

Was diese Produktion besonders macht, ist die gelungene Balance zwischen Komik und Tiefgang. Die medienkritischen Töne – etwa die Darstellung der Showmaschinerie oder die Darstellung des Aufstiegs von Peter als zufällig erwählter „Star“ – wirken nie belehrend, sondern intelligent und humorvoll verpackt. „Kein Pardon“ ist weit mehr als eine Retro-Show: Es ist eine bittere, aber exelent vorgeführte Satire über den Preis des Erfolgs.

Das Publikum zeigte sich begeistert, mit anhaltendem Applaus, stehenden Ovationen und spürbarer Begeisterung. Es ist dem First Stage Theater mit dieser Inszenierung gelungen, ein Stück zu präsentieren, das dem Kultstatus des Originals gerecht wird, und trotzdem eine eigenständige künstlerische Qualität entfaltet – in Spiel, Gesang, Musik und Tanz. Wer intelligentes Unterhaltungstheater sucht, das mit Herz, großer Bühnenkunst und vor allem Humor überzeugt, sollte sich dieses Musical nicht entgehen lassen.


Mehr Infos und Tickets gibt's hier:

 firststagehamburg.de 

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