Stage Vibe - Dein Portal für aktuelle Musicals, Rezensionen & Insider-Interviews

The Prom

Rezension vom 03.08.25
in Hamburg

Ein Musicalprojekt voller Mut,

Präzision und Herz

 

Das First Stage Theater Hamburg bringt mit der studentischen Inszenierung von „The Prom“ ein Stück auf die Bühne, das durch seine Thematik, die nach wie vor nichts an seiner Relevanz verloren hat und vor allem durch kreative Eigenleistung und künstlerische Qualität besticht. Die Produktion, umgesetzt von den Schüler:innen der Stage School Hamburg, ist Teil eines Semesterprojekts, das weit über den Rahmen einer Ausbildung hinausgeht: Was hier entsteht, ist professionelles Musiktheater mit Haltung und Anspruch!

 Die Inszenierung: Zwischen Glitzer und Gänsehaut

Regisseurin Annabelle Hoogvliet orientiert sich erkennbar an der Netflix-Verfilmung wie auch am Broadway-Original, gelingt es aber dennoch, mit gezielten Regieideen eigene Akzente zu setzen. Ein Beispiel für ihre Handschrift ist die beeindruckende Ball-Szene, in der Emma, zunächst hoffnungsvoll, am Ende ganz allein auf dem Tanzboden steht. Der Bruch, von euphorischer Vorfreude zur völligen Stille, trifft das Publikum mit voller emotionaler Wucht. Diese Szene steht exemplarisch für die Inszenierung insgesamt: Sie scheut weder klare Kante noch zarte Zwischentöne.

Die Cast navigiert gekonnt zwischen Humor und Ernsthaftigkeit - ein Kunstgriff, der bei einem Stück, das sowohl queere Emanzipation als auch narzisstische Broadway-Stars thematisiert, alles andere als trivial ist. Dabei verzichtet Hoogvliet auf plumpe Botschaften. Stattdessen entsteht eine ehrliche und spürbar motivierte Theaterarbeit.

 

Choreografie & Musik:

Rhythmus trifft Haltung

Die Choreografien von Jule Gilster zeichnen sich durch Abwechslung und hohes technisches Niveau aus. Besonders in den ggroßen Ensemble-Nummern, etwa dem „Tag der Einladung“ oder dem finalen Abschlussball, entstehen schöne und bleibende Bilder. Dabei wirkt keine Bewegung beliebig: Alles ist rhythmisch präzise, mitreißend und stimmig.

Musikalisch wartet die Produktion mit hochklassigem Live-Gesang auf Konserven-Playback auf. Eine pragmatische, und doch wirkungsvolle Lösung. Gerade im zweiten Akt kommen die emotionalen Balladen wie „Denn nur mein Herz weiß, was es will“ sowie das ironisch-komische „Lieb den Nächsten“(inklusive Stepptanznummer!) voll zur Geltung. Auch hier beweist die Inszenierung Mut zur Vielfalt: Pop, Musical, Satire – alles findet seinen Platz.

 

Bühne & Kostüm: Flexibilität mit Farbgefühl

Der Verzicht auf aufwendige Umbauten erlaubt flüssige Übergänge. Die Requisiten werden von den Darsteller:innen selbst bewegt, was jede Unterbrechung vermeidet und so für eine reibungslose und flüssige Show sorgen.

Die Kostüme verbinden realistische Highschool-Elemente (Cheerleader-Outfits, Jeans, Rucksäcke) mit dem Glitzer-Glamour des Broadway - ein stimmiger Kontrast, der auch die beiden Welten des Musicals (kleinstädtische Realität vs. Selbstinszenierung) gekonnt abbildet.

 

 Darsteller:innen:

Zwischen Ausbildung und Ausdruckskraft

Dass die gesamte Cast aus Studierenden der Stage School Hamburg besteht, ist kaum zu glauben! So professionell und ausdrucksstark sind die darstellerischen Leistungen.

Josefin Lüder als Mrs. Greene überzeugt mit autoritärer Strenge und innerer Zerrissenheit. Eine Figur, die leicht zur Karikatur werden könnte, erhält bei ihr Tiefgang.

Lilli van Lochum als Dee Dee Allen bringt den Broadway auf die Bühne: Stimmgewaltig, egozentrisch und doch verletzlich.

Marek Blaß als Barry Glickman liefert einen echten Publikumsliebling: charmant, witzig und herzenswarm, besonders in seinen Szenen mit Emma.

Samira Janssen verkörpert ihre Rolle der Emma mit viel innerer Ruhe und emotionalr Tiefe. Ihre Darstellung der Emma lebt weniger von aufgesetztem Pathos als von leisen, glaubwürdigen Momenten. 

Antonia Opp als Alyssa ergänzt diese Ruhe durch mehr Unsicherheit und Zerrissenheit. Ihre Figur befindet sich im emotionalen Spagat zwischen familärer Loyalität und der Angst vor dem Cpming-out. Und Antonia Opp vermittelt diesen inneren Druck sehr glaubwürdig und authentisch. Zusammen mit Alyssa harmonieren sie musikalisch sehr gut.

Nicht zu vergessen ist Henk Nagel als Trent Oliver. Mit seinem pointiertem Spiel und großen komödiantischem Talent bringt er echtes Broadway-Flair auf die Bühne. Besonders in der Stepptanznummer "Lieb den Nächsten" läuft er zur Hochform auf: Mit grandiosem Timing, Stimmgewalt und tänzerischem Feingefühl reißt er das Publikum mit.

Hier wird spürbar: Die Darsteller:innen tragen die Verantwortung für ihr Projekt mit, und das Publikum dankt es mit berechtigtem Jubel und Standing Ovations.

 

Inhalt und Relevanz: Gesellschaftskritik mit Charme

„The Prom“ ist ein Stück über Selbstakzeptanz, queere Sichtbarkeit, Gemeinschaft und Mut zur Wahrheit. Die Hamburger Cast lässt diese Themen nicht zu bloßen Schlagworten verkommen, sie werden durch popkulturelle Anspielungen (z. B. Donald Trump) und echte Emotion greifbar gemacht.

Die Spielfreude, die klare Haltung und die durchdachte künstlerische Umsetzung lassen das Publikum emotional von der ersten Minute an nicht mehr aus ihren Fängen.

 

 Fazit

„The Prom“ im First Stage Theater ist nicht einfach ein Musical, sondern ein leidenschaftliches Plädoyer für Toleranz, Individualität und kreative Freiheit.

Mit choreografischer Präzision, musikalischer Brillanz, einem flexiblen Bühnenbild und einer Cast, das seine Rollen mit Herzblut lebt, zeigt diese Inszenierung, was junge Künstler:innen auf die Beine stellen können. Gerade in Zeiten, in denen gesellschaftliche Ausgrenzung wieder lauter wird, ist dieses Stück - und diese Art der Umsetzung - wichtiger denn je.

hier gibt es noch Tickets

und hier gibt es noch mehr Tickets

Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen

Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.